Mein erster Flug mit einem SingleSkin

Skywalk, Pace 95+ (70 - 110 kg), Abfluggewicht ca. 85 kg

Seit dem Erscheinen der ersten SingleSkins habe ich mich Jahr für Jahr zwischen Herbst und Frühling in regelmässigen Abständen gefragt, ob ich mir nicht auch mal so eine Mini-Ausrüstung anschaffen muss.

Text und Fotos: Christian Schoop

Minimales Gewicht und minimales Packungsvolumen tönen spannend - da ich aber eh stets einen Leichtschirm fliege, vom Gewicht her ziemlich optimiert unterwegs bin und mich auch nicht als besonderen Hike&Fly-Crack rühmen darf, habe ich den Gedanken dann immer wieder verworfen …

Am letzten Januar Wochenende 2024 fand ich dann endlich Muse und Zeit, meinen neuen SingleSkin Gleitschirm zu testen.

Beim Hübli haben wir uns, mit unseren Single Skins, verabredet. Mein Air-Buddy Dani mit seinem Ufo (Airdesign) und ich mit meinem Pace.

Ein ungewohntes Bild – der sportliche Dani und neben mir, mit diesem winzigen Päcklein auf dem Rücken – die wenigsten würden darin das kleinste Flugzeug der Welt vermuten. Im Spiegelbild der Autoscheibe fallen mir vor allem die komfortablen, ergonomischen Schultergurten des Ultra Rucksacks ins Auge – der Rucksack selbst mit Gleitschirm und Gurtzeug sind nicht mal ansatzweise zu sehen.

paragliding pace review 2

Das Päcklein mit Schirm 1,24 kg (im Packsack), Gurtzeug Sleeve mit Karabiner 270 g und Rucksack Ultra 315 g wird auf meiner Kofferwaage mit 1,96 kg bemessen.

paragliding pace review 1

Gespannt machen wir uns auf den Weg – und ja, schon nach wenigen Metern ist klar, so macht Hike & Fly richtig Spass! Mit einem breiten Grinsen im Gesicht geht’s leichtfüssig bergauf. Das gefühlte Tempo ist höher als sonst. Durch’s Drehkreuz am Kuhzaun kommt nichts an, effektiv - man spürt nicht mal, dass man überhaupt etwas trägt.

Mit persönlicher Bestzeit oben auf der Alp Scheidegg angekommen, werde ich nicht mal gefragt ob die Startplatzgebühr schon bezahlt sei – nicht mal die eingefleischten Piloten erkennen mich als einen von ihnen. 

Die Spannung steigt – was ist nun in diesem Päklein? Ein Tuch, fein wie Seide, Leinen so dünn wie Zahnseide und ein Gurtzeug kaum grösser als ein Päckli Taschentücher, da wurde jedes Gramm weggespart, was nicht zwingend notwendig ist. Der direkte Übergang von Leinen in die Traggurten - genial. Ungewohnt aber funktional gut gelöst, die Fixierungen der Bremsgriffe an den Traggurten. Die Verarbeitungsqualität macht einen guten Eindruck.

paragliding pace review 3

Da sich die Beingurten nicht öffnen lassen, steigt man ins Gurtzeug - das SLEEVE - wie in ein paar Hosen. Die Schultergurten sind Fäden, die mit einem Angstriemli in der Mitte zusammen gehalten werden.

Kurzer 5 Punkte-Check (die farbigen Markierungen an Schirm und Gurtzeug bestätigen, das ich korrekt verkabelt bin) und los geht’s! Schönes Wetter, leichter Wind, keine Thermik - perfektes Single Skin Wetter!

Das Aufziehen funktioniert effektiv so leicht wie’s im Werbefilm aussieht - egal ob vorwärts, rückwärts oder sonst wie … egal ob die Leinen in den Händen oder nicht, über unter und zwischen den Armen und ob mit, gegen oder ohne Wind, diesen Schirm kriegt jeder hoch. 

Obwohl er rasant hochkommt, überschiesst der Schirm nicht, steht sofort stabil über mir und zeigt seine interessante Konstruktion mit den eingefassten Zellen an der Nase. Und selbst wenn der Schirm mal weit vor einem steht, bis zum Frontklapper dauert’s ewig. Und sonst? Er steht einfach da. Ich lasse die Bremsen los, schüttle Hände, fachsimple mit Thomas, trinke etwas, schiesse ein paar Fötelis – der Schirm steht immer noch über mir. Im Vergleich zum Airdesign Ufo steht er stabiler. Allerdings sind die Steuerdrücke deutlich geringer, was mich am Anfang zu beherzt eingreifen lässt, worauf der Pace mit harschen Reaktionen antwortet. 

Beim Groundhandling spürt Mann das Gurtzeug nur an einer Stelle. Trotzdem, handeln, kiten und spielen, so viel Spass hatte ich schon lange nicht mehr – zwei Stunden vergehen wie im Flug.

Aber fliegt das Ding überhaupt?

Mein Airbuddy mit seinem Ufo startet. Nach der Kante verschwindet er deutlich schneller als «normale» Schirme, taucht dann aber wieder auf :-)

So wage ich also meinen ersten Start, darauf gefasst, dass der Startlauf eher etwas länger ausfallen könnte als gewohnt. Und so ist’s dann auch. Der Schirm startet problemlos, kontrolliert und stabil, ohne jedes zutun und hebt dann – etwas später als gewohnt – ab.

Einmal in der Luft ist alles sehr, sehr gemütlich. Im Gegensatz zum Ufo gibt’s keinen Beschleuniger – vermutlich hat man darauf verzichtet da dieser bei den SingleSkins eh nur die vertikale Geschwindigkeit beschleunigt :-) 

Der Gleitwinkel überrascht positiv, dass ich mit nur einer Bahn Stoff wo weit fliegen kann fasziniert. Das nachfolgende Sinken in der Landevolte überrascht dann auch - meine Landung fällt massiv kürzer aus als angenommen. Im Gegensatz zu den ersten Generationen SingleSkins haben diese neueren Stopper (Pace sogar zusätzlich eine Art Flaschenzug) in den Steuerleinen, welche ab einem gewissen Zug auch die zweit-hinterste Ebene mit hinunterziehen, um so besser auszuflaren. Dies wirkt dem Einbomben entgegen und vereinfacht elegant zu landen. Wichtig ist, dass man dem Schirm seine volle Fahrt lässt und ihn erst ganz zuletzt durchbremst.

paragliding pace review 1_1

Fazit

Überblick

  • Der Unterschied zwischen einem SingleSkin und einer konventionellen Leichtausrüstung ist sowohl am Boden wie in der Luft massiv grösser als gedacht.
  • Bei mässigem Wind und mehr bleibt man in der Luft stehen.
  • Hat man Freude am Hiken und weiss, dass man aufgrund mangelnder Thermik nicht weit fliegen wird, beeindruckt dieses Minipäcklein ungemein und macht richtig viel Spass!

Für wen und was?

  • Eine normale Ausrüstung ersetzt der Singleskin nicht.
  • Als Spassgerät für den sehr leichten Aufstieg und den komfortablen Abstieg.
  • Ideal für Starts in schwierigem Gelände.
  • Vom Freizeitpiloten über den Trailrunner bis zum anspruchsvollen Alpinisten.