Upside down!

Vom Freediven und Fliegen

Voneinander lernen und durch Crosstraining schneller besser werden: Wir verbinden hier zwei Sportarten, die gegensätzlicher nicht sein könnten und trotzdem viel gemeinsam haben. Tauchen und Fliegen, und zwar Frei-tauchen und unser Freies-fliegen. 

Freediven

Der Versuch, menschliche Grenzen zu überwinden, liegt unser Spezies anscheinend im Blut. Beim Freitauchen geht es genau darum: möglichst lange und vielleicht auch tief, in einer für uns lebensfeindlichen Umgebung zu verweilen. Dabei wird das menschliche Sein in seiner intensivsten Form erlebt, häufig Flowstate und Einsein mit sich und der Umgebung erreicht. Um Energie zu sparen und um lange ohne den lebenswichtigen Sauerstoff auskommen zu können, will jegliche Tätigkeit unter Wasser so effizient, entspannt und und mühelos wie möglich ausgeführt werden. 

Gleitschirmfliegen

Wir kennen das Gleitschirmfliegen alle und können die Frage, um was es dabei geht, wohl am besten für uns selber beantworten. Ich für mich, kann obigen Beschrieb des Tauchens auch auf das Fliegen übertragen, mit dem Unterschied, dass ich manchmal, in einem Schreckmoment, vergesse zu atmen.

paragliding history paraworld.ch

Die Anfänge bis heute

Unsere Sportart ist mittlerweile mindestens in ein erwachsenes Alter gekommen. Die Pionierzeiten sind schon lange vorbei, die meisten Berge und Routen wurden beflogen, die Welt ist schon fast überall entdeckt. Neuland ist mittlwerweile ein rares Gut . Wir haben theoretisches Wissen angehäuft, das Material wurde besser, sichererer, leichter und leistungsstärker. Ebenfalls hat die Elektronik Luftsprünge gemacht und alles in allem ist vieles immer besser geworden.

Aktuelles und Neues

Es wird intensiv zu Unfällen geforscht, Mentaltraining für Piloten hat seinen Platz gefunden und seit neuestem versucht der Verband den vielsagenden Begriff Human Factors zu etablieren.  

Es gibt also eine ganze Menge an Wissen, Material und spannenden Dingen innerhalb des Gleitschirmfliegens zu entdecken und alles ist zur freien Nutzung da. 

Und jetzt bringen wir noch ein weiteres und in unseren Augen völlig unterschätztes, Puzzlestück dazu. Nähmlich, abgeleitet aus dem Freediven, das aktive beeinflussen unseres vegetativen Nervensystems und damit unserer mentalen und physischen Leistungsfähigkeit.

Die Fragen dabei lauten: 

  • wie kann ich mein Hirn und Körper zuhause bestmöglich auf das Fliegen vorbereiten
  • Wie kann ich mein Hirn trainieren, um mich länger und leichter zu fokussieren
  • Wie kann ich lernen, meinen Körper auch in unangenehmen Situationen zu entspannen
  • Wie kann ich nach einem Schreckmoment so schnell wie möglich wieder in einen regulierten und funktionalen Zustand zurückfinden, um gute Entscheidungen zu treffen
  • wie und wann kann ich mich im Flug entspannen, um zu regenerieren und somit länger zu fliegen

 

Lernen vom Freediven

Ein Tauchgang dauert nur eine bis wenige Minuten. Man ist unter Wasser, der Körper wird zusammengedrückt und man möchte atmen. Je nach Länge des Tauchganges beginnt das Zwechfell zu krampfen, die Muskeln brennen und man befindet sich immer noch viele Meter unter Wasser, in einer lebensfeindlichen Lage. Wie geht man damit um und wie kann man in dieser Situation total entspannen um Sauerstoff zu sparen? Und wie kann man beim nächsten Mal noch länger unten bleiben, noch fokussierter entspannen?

Die Freedive Community setzt sich seit Jahren mit genau diesen Fragen auseinander.

Beim Gleitschirmfliegen fehlt wohl die Luft sehr selten, die Atmung setzt trotzdem das Eine oder Andere Mal vor Schreck aus. Oder man verkrampft sich zu sehr und verpasst den Schlauch. Und lange Flüge sind anstrengend und man mag einfach nicht noch weiter fliegen, würde aber gerne noch etwas mehr an Reserve mobilisieren können. 

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Relax! 

Beim Freitauchen geht es um zwei Dinge: Fokus und Entspannung. Als Vorbereitung, als Übung, als Aufwärmrunde, beim Atemzug vor dem Abtauchen und während dem Tauchgang und beim Auftauchen. 

Es gibt verschiedene Techniken um das zu erreichen. Was sich in der Freediveszene bewährt und etabliert hat, sind  verschiedene Atemübungen. Wir Piloten brauchen davon nicht alle. Wir müssen nicht lernen, unser maximales Lungenvolumen auszunützen. Oder den Brustkorb, das Zwerchfell und die Bronchialmuskulatur zu dehnen ist auch nicht nötig.

Aber wir können entspannen lernen, weil entspannt denkt und fliegt es sich besser. Wir können trainieren lange fokussiert zu bleiben. Und wir können trainieren, uns nach einem Schrecken schnell wieder zu fangen, um wieder frei zu denken und zu handeln. Und wir können unser Hirn trainieren, um auf unangenehme Momente mit Fokus und nicht mit Panik zu reagieren. 

Am besten lernt und verinnerlicht man das auf dem festen Boden zuhause. Schon ein paar Minuten pro Tag reichen, um dann in der Luf die nötigen Werkzeuge abrufbereit zu haben. 

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Atme und fliege!

Es gibt unzählige Handy - APP`s, Youtubevideos etc. um folgende und viele weitere Übungen zu lernen. In unserem, bald online stehenden, Madeira  "Flugcamp mit Atemtechnik" lehren wir diese Techniken fokussiert und setzen sie auch gleich in die Praxis um.

Bodyscan: Die Goldmedaille für das bewusste Entspannen, bekommt der Bodyscan. Das scannen des Körpers auf Stellen, die mehr Spannung halten als nötig. Der Bodyscan kann jederzeit angewendet werden. Beim Frühstück, im Auto oder bei der Arbeit und im Bett um einzuschlafen. Auch alle untenstehende Atemübungen können und sollen mit dem Bodyscan kombiniert werden. Beim Freediven ist der Bodyscan das A und O und macht das lange Tauchen erst möglich. Beim Fliegen verlängert er die mögliche entspannte Flugzeit. 

Box Atmung: kontrolliertes Ein - und Ausatmen mit einer Haltezeit dazwischen. Z. B. jeweils je 6 Sekunden: Ein (6s), halten (6s), Aus (6s) und halten (6s) und dann zehn Mal wiederholen.

Babyseufzer: Zweistufiges, stossartiges und vollständiges Einatmen, gefolgt von einem sehr langsamen und kontrollierten ausatmen. Das senkt die Herzfrequenz und reguliert das aufgeputschte Nervensystem nach einem Schrecken wieder nach unten. 

Verdoppelte Atmung: Ähnlich wie bei der Boxatmung geht es darum, die Atmung zu kontrollieren. Z. B. drei Sekunden für das ein-, sechs Sekunden halten und 12 Sekunden für das ausatmen. Dann wiederholen. 

Aufwecken während dem Flug: Zehn Mal ein- und ausatmen im zwei Sekunden Rythmus. Dann den Atem, mit voller Lunge, mindestens 30 Sekunden halten. 

Unangenehme Situation: Das Hirntraining für unangenehme Situationen. Liegend ruhig atmen und dann vollständig ausatmen und den Atem halten. Schnell wird es unangenehm werden, man möchte atmen. Evtl. beginnt das Zwerchfell an zu krampfen. Versuche jetzt zu entspannen und den Atemreflex möglichst lange hinauszuzögern. Dabei den Bodyscan machen und Spannungen loslassen. Diese Übung trainiert das Hirn, um in unangenehmen Situationen noch bewusste Entscheide treffen zu können, sich zu entspannen und nicht in den Panikmodus zu verfallen.

Übung macht den Meister

Wie bei allem: das Ausprobieren ist der Anfang, das Üben macht den Meister. Wir wünschen Dir gute Flüge, Neugier zum Ausprobieren und immer besser zu werden.  

Ende April folgt der zweite Teil, wir erklären die Techniken im Detail und beleuchten die Hintergründe, weshalb das alles funktioniert. 

Stay tuned!