Rohner`s Streiche

Rekordtage am Üetliberg

Wir gratulieren Dominic zu seinen eindrücklichen Flügen!

Der Mai war geprägt von warmer und labiler Luft. Die Hochdrucklagen brachte viel Bise und Dominic nutzte die top Bedingungen um am Zürcher Hausberg sein Können zu zeigen. In gerade mal zwei Wochen flog er vom Startplatz Baldern in nur neun Flügen insgesamt 1207 Kilometer Distanz!

Zu Beginn der Bisenlage, am 17. Mai, flog Domi 158 Kilometer nach Moudon in der Romandie und wir dachten: Wow!

Eine Woche später topte ein Dreieck! von 127 Kilometer Länge den Flug. Dieses wurde am Folgetag nochmals auf 156 Kilometer erweitert: Das Rohner Dreieck war geboren!

Ein weiterer Flug über 214 Kilometer in die Westschweiz brachte den ersten 200 Kilometer Flug vom Üetliberg. Drei Tage später kam dann das Meisterstück über 267.5 Kilometer bis nach Frankreich

Von reinem Glück war spätestens nach dem ersten Dreieck nicht mehr auszugehen, da spielt sicher noch Können, Leidenschaft und viel Training mit. Herzliche Gratulation, wir verneigen uns vor diesen Flügen und danken Dominic für den ausführlichen Bericht seiner Flüge.

paragliding schweiz rohner dreieck

Dreieck 155 km FAI!

Der Tag schaut gut aus für ein Dreieck vom Üetliberg. Schöne Bise, nicht zu stark, gute Thermik im östlichen Flachland und in den östlichen Voralpen. Zudem ist der Wind in den Bergen sehr moderat prognostiziert. Das hilft definitiv beim Gegenwindschenkel, wenn man in die sonnigen Südflanken sticht. Bei stärkerem Wind kanns dort sonst doch schön wacklig werden. 

Ich starte um 10.30 Uhr und drehe auch gleich schon mit 2m/s dem Himmel entgegen. Das ist meiner Erfahrung nach sehr solide für diese Zeit. Ohne lang zu trödeln fliege ich den Albiskamm entlang nach Südosten. Wie immer nicht ganz einfach, wenn die maximale Flughöhe durch die aktive TMA Emmen bei 1350m gedeckelt ist. Vor dem Albispass gebe ich die erste Blindmeldung auf der Frequenz des Flugplatzes Hausen am Albis ab. Dank Sonderregelung darf man mit Flugfunk die 5km Zone des Flugplatzes so durchfliegen.

Von der Albiskette herkommend halte ich auf den Zugerberg zu. Stets ein bisschen unklar wo da die Thermik steht. Der Baarer Berg scheint meist eine recht zuverlässige Abrisskante zu sein. Dann stelle ich mir vor, wie sich Thermik in den Tiefen des windgeschützten Lorzentobels bildet und beim Aufsteigen von der Bise in Richtung Zugersee hinausbuxiert wird. Zugegeben braucht man recht viel Fantasie, um sich das vorzustellen, aber es scheint zu funktionieren. Man kann sicher auch die Leeschläuche am Zugerberg anfliegen. Bloss wenn man sie verpasst, steht man dann zügig im Abwindband auf der Leeseite des Berges. Ich hangle mich deshalb lieber auf der Nordostseite des Zugis entlang bis zum Rossberg, der so ziemlich immer ein Mist ist, wenn man von dieser Seite her kommt. Die Schläuche, die aus der Norseite kommen, sind einleuchtenderweise immer schlecht. Und um bei Bise direkt in die sonnige Seite des recht exponierten Rossberges zu fliegen, da fehlen mir einfach die Eier. Die Querung vom Rossberg an den Rigi ist schön. Mit Rückenwind werden die Nordostflanken zwischen Rigi Scheidegg und Hochflue angeflogen und spätestens am Rigi Hochflue geht es zuverlässig nach oben. Belohnt wird man mit einer Weltklasse Aussicht über Vierwaldstättersee, Lauerzersee und Zugersee. Nächstes Ziel sind die Nordflanken des Fronalpstocks über Brunnen. Bis jetzt gings da meist recht gut im Soarmodus zum Gipfel. Schön ist er der Froni. Wieder eine knaller Aussicht. 

Vom Gipfel geht es nahe über Grund soarend im laminaren, bisig-thermischen Aufwind bis ans Ende des Massivs. Da quere ich auf die Nordseite des Muothatal. In dieser Region gibts schon ganz viele Wolken. Die Luft ist sehr labil, deshalb ist trotz Nordwind auch keine Leesituation vorzufinden. Der Weg über den Hoch-Ybrig, vorbei an Forst- und Drusberg, den Fluebrig passierend bis zur Wägitalseequerung ist purer Genuss. Genuss, aber auch sehr intensiv. Dieser Abschnitt ist schnell. Wegen des Nordwindes wird in dieser Gegend die ganze Luftmasse am hintersten Teil des Sihlseegebiets die Hänge hochgedrückt. Irgendwohin muss die Luft ja. Knapp an den Hängen, meist im Halbgas und nahe unter der 6/8 Cumulusbewölkung, geht’s dem Glarnerland entgegen. Die Westflanken nach der Wägitalseequerung funktionieren immer. Schnell Höhe tanken und dann über die steilen Felswände des Kletterparadies Bockmattli hinweggeprescht, passiere ich die Kantonsgrenze zwischen Schwyz und Glarus. 

Eine lange Gleitpassage bringt mich an den Kerenzerberg. Ein Talwindprallhang, unmöglich abzusaufen und überhaupt hat der Wind in dieser Passage auf Nordwest gedreht. Mit leichtem Rückenwind geht es dem 2. Wendepunkt entgegen. Prod- Leist- oder sonst so ein Kamm soll es werden. Etwas vor der maximal möglichen FAI Distanz drehe ich in einem mental schwachen Moment um und fliege zurück in Richtung West. Bei einer Bisenlage wieder aus dem Glarnerland herauszufinden, diesem Schlitz zwischen hohen Bergen, ist definitiv eine Schlüsselstelle. Der Weg führt gegen den Wind. Das Ziel sind die Bisenprallhänge in der March. Eine komisch quer im Tal stehende Wolkenstrasse lässt mich einen Umweg über die Südflanken des Federispitzes fliegen. Der Weg ist zwar länger, ich kann aber so nochmals Höhe nachladen. Trotzdem werde ich bei der Querung bis auf 800müM runtergewaschen, bis mich der erste Prallhang rettet.

Die Nordhänge von hier bis nach Schindellegi sind Balsam für die Seele. Die Luftmasse trägt überall und ich floate wie auf Watten dahin. 

Beim Etzel drehe ich wieder so hoch auf wie es geht. Der letzte Meter wird herausgequetscht. Der nächste mehr oder weniger zuverlässige, fix stehende Aufwind ist in Horgen, wo die Bisenkante beginnt, an welcher auch das Fluggebiet Oberrieden liegt.

Natürlich reicht die Höhe nicht um direkt nach Oberrieden zu gleiten. Das Terrain bis Oberrieden ist aber diffus und ich mache mir allerlei Überlegungen wie die Bisenluft über die Landschaft daherwellt, und daraus Auf- und Abwinde entstehen, wo Thermik entstehen müsste und wie sie vom Nordostwind verfrachtet wird.

Eventuell sind all diese Überlegungen auch für die Katze. Vielleicht besteht die beste Taktik darin, kompromisslos die direkte Linie zu fliegen. Die Chance auf einer so langen Strecke per Zufall auf Aufwind zu stossen ist ja auch nicht gerade klein. Die Frage lasse ich mal unbeantwortet.

Auf jeden Fall nehme ich jedes Bisschen Aufwind mit, bis ich wieder im Aufwindband über Oberrieden ankomme. Jetzt muss lediglich noch eine brauchbare Thermikblase abgefangen werden, mit der ich mich dann an den Albisgrat zurückdriften lasse. Ab da kennen wir es wieder. Soarend geht es bis an den Üetliberg über Zürich. Hier ist der Aufwind an den guten Bisentagen immer stark. Manchmal so stark, dass ich beim setzen des letzten Punktes, gleich am Rande der CTR Zürich, aufpassen muss nicht in die TMA gerissen zu werden.

Schnell noch das Dreieck schliessen und dann landen auf der Allmend.

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Oneway 267km nach Bellegarde

Der Tag ist recht gut angesagt, allerdings mit relativ spät einsetzender Thermik im Mittelland. Im Jura soll die Thermik dann besser werden. Bise soll recht moderat bleiben.

Die Stimmung am Start ist gemütlich. Erst um 12:00 Uhr schwingen wir uns in die Luft. Am Start sind Philipp Steinger, Daniel Rissi, Remo Gisi, Joerg Ewald, Christian Erne und ich.

Das deklarierte Ziel ist der Lac de Joux oder zumindest in diese Richtung.

Recht zuverlässig drehen wir über der Fallätsche auf und lassen uns von der Bise in Richtung Hallwylersee spülen. Es ist schön mit anderen Piloten zusammen zu fliegen. Bei gleichem Pilotenniveau kann man im Flachland definitiv voneinander profitieren. Die Abrisskanten sind hier nicht ansatzweise so klar wie in den Bergen. Und die Chance dass ein Gleitschirm einer ganzen Gruppe auf Thermik trifft ist definitiv höher, als wenn man alleine unterwegs ist. Mal abgesehen von der mit 1350müM tief liegenden Luftraumuntergrenze gleich hinter dem Üetliberg, und der recht knackig-störrischen Thermik, fliegen wir ohne nenneswerte Zwischenfälle bis vor den Jura bei Oensingen. 

Der Übergang in den Jura hat sich schon mehrmals als ein Problem erwiesen. Es hilft eine Schlüsselstelle als solches zu erkennen, um nicht planlos ins Verderben zu stoffen.

Daniel Risi und ich entscheiden uns in die Klus von Balsthal zu fliegen. Ein Segelflieger dreht da schon und es sieht nicht schlecht aus. Steinger hat sich für die Route in Richtung Weissenstein entschieden und wird bestraft. So schnell kanns im Flachland manchmal gehen. Christian, Joerg und Remo enden leider auch noch bevor sie im Jura Anschluss finden. 

Da bleiben also Rissi und ich. Die Thermik in der Klus läuft schön und bald sind wir der Basler Tango TMA, die auf 1700müm beginnt, schon nahe. Ein kurzer Check der Windstationen auf dem Telefon zeigt, dass die Bise leicht von Nord über den Jurakamm zieht. Wir entscheiden uns also dazu die Nordseite abzusurfen. Könnte man hier bis an den Thermiktop aufdrehen, wäre das Leben ein einfaches. Mit aktiver Basler Tango TMA muss man ständig aufpassen, nicht zu hoch zu kommen. Sobald man das geschafft hat, ist man meist auch schon subito wieder unter Kammhöhe.

Ab dem Weissenstein sind wir deutlich unter Kammhöhe und schlingern auf der Nordseite der Hasenmatt in Richtung Westen. Nach dem Grenchenberg finden wir, schon viel zu tief für meinen Geschmack, den rettenden Schlauch, der uns wieder über die Jurakette emporhebt.

Rissi fliegt die Kette weiter in Richtung Montoz. Ich entscheide die erste kleine Wolke anzufliegen, die eine Kette südlicher steht. Ich will endlich wieder so richtig Luft unter mir haben. Die Wolke funktioniert nach wie vor als ich bei ihr ankomme. Ich kann bis knapp 2500müM aufdrehen, was sich sehr gut anfühlt nach der letzten Stunde Lowriding.

Rissi kommt zwar etwas tiefer und später beim Chasseral an, lässt mich aber durch kompromissloses Geradeausfliegen schon recht bald stehen. Ab dem Chasseral sind die Bedingungen einfach nur episch. Wolkenstrassen zeigen uns den Weg. Wir müssen kaum drehen. Wir fliegen kontinuierlich zwischen 2300 und 2900müM. Die CTR des Flughafen Les Eplatures kann ich locker und ohne Sorgen überfliegen. Beim Suchet bin ich immer noch astral hoch und die Wolken beim Lac de Joux sehen absolut bombastisch aus. Es wird mir klar, dass dieser Flug länger als geplant ausfallen könnte. Mein Plan endet aber am Lac de Joux. Ich rufe meine Fluginformationsstelle namens Rico Chandra an und beauftrage ihn, mir die Lufträume hinter dem Lac de Joux zu enträtseln. Man sieht ja schon fast alles auf den modernen Geräten. Doppelt gemoppelt ist aber sicher besser. Wäre schade, wenn der Flug wegen einer Luftraumverletzung nicht zählen würde.

Zuversichtlich und Lufträume studierend gleite ich auf den See zu. Anstelle von Steigen finde ich viel Sinken auf dem Weg. Die Wolken, die soeben noch gigantisch ausgesehen haben, scheinen rapide ihrem Zerfall entgegenzusteuern. Solche Zyklen gibt es manchmal. Von Top zu Flop. Ich hoffe, dass ich noch früh genug ein paar Gänge zurückgeschaltet habe. Ist manchmal gar nicht so einfach zu erkennen, wenn man nach Stunden im Vollgasmodus innerhalb Minuten in Überlebensmodus umschalten muss.

Rissi ist bei Sainte Croix gelandet. Ich bin nun also alleine unterwegs. Lediglich 500m höher als der Lac de Joux lasse ich mich den gut angesonnten aber flachen Nordwestflanken entlang treiben. Da und dort ein paar Kreise, um die magere Höhe halten zu können.

An der französischen Grenze bin ich endlich wieder auf etwas mehr als 2000müM. 

Die Sonne steht schon flach und taucht die saftiggrünen Weiden und die ausgedehnten Nadelwälder in ein sanftes Licht. Sanft ist jetzt auch die Thermik, die mich den mittlerweile fluffig klein süssen Cumulis entgegenträgt. Ich wechsle südlich an den Hauptkamm. Dort passiere ich Genf nördlich und überfliege den höchsten Punkt des Jura, den 1720m hohen Crêt de la Neige. Die letzte Flugstunde ist wunderschön und technisch supersimpel. Die Sonne wärmt die steilen Nordwestflanken nach wie vor zuverlässig und sorgt für sanfte Thermik. Der Wind bläst von schräg hinten, sorgt also für zusätzliche Aufwindkomponente und Extrageschwidigkeit. Überglücklich floate ich meinem Landeplatz in Bellegarde entgegen.

Als ich mit gepacktem Sack von meiner Landewiese trotte, hält ein schwarzer Kombi mit Genfer Nummer vor mir und ein strahlender Reynald Mumenthaler steigt aus. Meinen Track verfolgend hat er sich schon vor meiner Landung auf den Weg gemacht, um mich in die Schweiz zurückzuholen. Ein riesiges Dankeschön an Reynald an dieser Stelle, der mich ohne Zwischenfälle durch den Zoll brachte, mich verköstigte und beherrbergte. So sollte der Spirit unter Piloten immer sein.